Kasperletheater (Kamelgeschichten Teil 39)

Dass es sich bei all diesen Geschichten ein wenig um ein Kasperletheater handeln könnte, dürfte dem einen oder anderen geneigten Leser durchaus schon einmal durch den Kopf gegangen sein. Wer dann der Kasper ist, lasse ich mal im Raum stehen. Ist besser für mich.

Es gibt aber tatsächlich ein Kamel, das sich früher spezialisiert hatte auf diese Form des Theaterspielens: das liebliche Kamel Pollux. Ich hatte das komplett vergessen, bzw. verdrängt, bis ich gestern an einem hiesigen Zirkus vorbeikam und vorsichtig schaute, ob es dort Kamele gibt. Und tatsächlich, es gab nicht nur Doppelhückler, es gab ein Kasperletheater! Das fiel es mir schlagartig wieder ein und ich suchte flott das Weite.
Als wir seinerzeit noch in Hannover lebten, gab es auf der Lister Meile, einer Einkaufsstraße mit vielen kleinen Geschäften unweit unseres Zuhauses, mehrmals im Jahr ein Kasperletheater für Kinder, mitten in der Fußgängerzone. Pollux selbst war der (selbsternannte) Star dieser Aufführungen – er war ganz groß darin, die Kasperletheaterbühne zu seiner Bühne zu machen und hatte (laut eigener Aussage) immer mehrere hochgeschätzte Auftritte pro Tag. Er liebte es, wenn seine Fans ihm zujubelten und ihm huldigten, nach jeder Aufführung gab es massenweise Blumen, er wurde vielfach fotografiert und gab Autogramme. Sagte er hinterher immer.

Ich habe mir so einen Auftritt einmal angesehen, nur ein einziges Mal, danach habe ich mich nicht mehr getraut, hinzugehen. Tatsächlich war Polli ein klitzekleines Bißchen selbstverliebt – und manche der Zuschauer waren eher gelangweilt als begeistert. Wenn Pollux mitbekam, dass jemand schwatzte während er schauspielerte, schnauzte er ihn lautstark an und drohte mit Eisentzug für den ganzen Sommer! Da im Publikum vernehmlich Kinder saßen, waren viele immer wieder am weinen und hatten eher Angst als alles andere. Es war nicht schön anzusehen. Aber Polli war der Star und ließ das auch jeden wissen. Abends war er dann aber auch immer traurig und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er die Kinder immer angefratzt hatte – immerhin.

Ich bin gespannt, ob sich diese Geschicht nun auch in der Ostseestadt wiederholen wird. Es wird auf jeden Fall gerade tüchtig geprobt und Pollux bekommt schon wieder schlimmes Lampenfieber! Ich hatte mich schon arg gewundert, warum er gerade so unruhig ist.

Morgen kommt nun endlich der neue Kuseng zu Besuch – vielleicht spielen sie ja gemeinsam und geben eine neue Geschichte mit Seemannscharakter wieder, in der Sir Henry und Pollux durch die Nord-West-Passage segeln? Möchte ich das eigentlich wissen? Oder gar sehen? Ähm. Nein, irgendwie nicht.

Vielleicht sollte man die Eltern der Kinder warnen, bevor sie zum Kasperletheater strömen. Könnte für alle besser sein.

Fast auf Föhr (Kamelgeschichten Teil 38)

Eins muss ich gleich mal sagen: ICH war auf Föhr und hatte viel Spaß mit Kapitänen, alten Schiffen, Künstlern, Fahrrädern, Kieler Bier und Fähren, die am Ende doch fahren. Natürlich sind meine persönlichen Erlebnisse hier nicht das Thema – eigentlich wollte Klärchen  mitfahren und die Insel im Nord-Westen von Kiel nach Spuren untersuchen. Der geneigte Leser wird aufmerken: Nord-Westen, die Nord-West-Passage, Kuseng Sir Henry. Ganz genau! Seitdem der neue Kuseng da ist, schwanken die Kamele zwischen großer Freude und ein wenig Argwohn. Letzteres, weil es ja um den sagenumwobenen großen Kamelschatz geht, auf den alle ein Anrecht haben, die zur Sippe gehören. Was, wenn sich da einer eingeschlichen hat? 

Ich persönlich glaube die Geschichte von Kuseng Sir Henry, als Navigator taugt er nicht viel und ihm ist es zu verdanken, dass sein Expeditionsschiff in der Nord-West-Passage verschwand und lange Zeit verschollen war.

Sir Henry lebt sich inzwischen gut ein am anderen Ende der Stadt und wie höre, ist er wohl ein sehr sehr plüschiges Kamel, das Plüschigste sogar, was den superlativsten Humphrey zu leidvollen Minnegesängen verleitet. Klärchen aber ist argwöhnisch und wollte sich auf Föhr mal umsehen, vielleicht anheuern auf einem Schiff das gen Passage aufbricht, um sich auf Sir Henrys Fersen zu heften. Detektivisch wie sie ja sein kann. Tja, warum sie das nicht gemacht hat? Ich habe sie vergessen mitzunehmen. Klingt einfach? Jeder der diesen Geschichten folgt, weiß was das bedeutet. Böse und sehr strenge Blicke, Kuchen backen noch und nöcher, sowie jeden Abend Geschichten erzählen, die mehr Seemannsgarn enthalten, als eine alte Frau braucht, um Pullover für die ganze Besatzung von Sir Henrys Schiff zu stricken. Immerhin habe ich auf Föhr einige Geschichten auch von echten Kapitänen gehört, um dem nachzukommen.

Seemannsgarn ist überhaupt ein gutes Stichwort für all diese Kamelgeschichten. Stimmen sie? Hat sich das jemand nur ausgedacht? Wieviele Kamele gehören noch zur Sippe, falls es diese Sippe gibt. Bevor ich in Ungnade falle, geh ich mal schnell einen Kuchen backen…

Kuseng Sir Henry (Kamelgeschichten Teil 37)

Eilmeldung: es ist ein neues Kamel auf der Bühne erschienen! Wie immer plötzlich, ohne Vorwarnung: Kamel Kuseng Sir Henry war plötzlich in einem Kleiderkreisel aufgetaucht – er war jahrelang verschollen beim Durchqueren der Nord-West-Passage. Nun ist er am anderen Ende der Stadt aufgenommen worden. Wessen Kuseng er ist, ist nicht bekannt, auch nicht, wie groß der Fön sein muss, um eine derartige Plüsch-Fon-Frisur zu zaubern.
Natürlich freuen wir uns alle über Kuseng Sir Henry.