Der mutige Theo (Kamelgeschichten Teil 12)

Es ist immer wieder erstaunlich, was es braucht, damit sich etwas verändert. Am Wochenende wurde ausgiebig schamanisiert in einem Onlineseminar.  Sowohl das Kamel Theo als selbsternannter Oberschamanisierer als auch Frau Mahlzahn waren sehr präsent. Letztere aber nur am ersten Tag, am zweiten brauchte sie Ruhe und war kaum gesehen – bis auf den Moment des großen Heilrituals, da schaute sie interessiert zu – und kaum war das Ritual zuende, sprang sie auf den Schoß und wollte mit ins Bild der Videokonferenz.

Theo hingegen war zwei Tage in seinem Element. Mir war das gar nicht so aufgefallen, obwohl die Kamele direkt vor mir saßen – aber heute morgen fiel mir die Veränderung auf. Theo hat plötzlich einen Mittelscheitel. Auf dem Hückel! Unglaublich, seit wann hat er den? Und wie blöd sieht das eigentlich aus? Vielleicht ist das der neue Kamelchic, wir werden das beobachten müssen. Vielleicht haben sie das bald alle? Dann kommen bestimmt horrende Kamelfriseurkosten auf uns zu, ich wage nicht, darüber nachzudenken. Neben Kniehaarfriseuren gibt es in Kiel dann auch Kamelhückelfriseure. Prima, ein weiteres Alleinstellungsmerkmal für die verschlafene Stadt im Norden.

Aber noch etwas war anders heute früh, Theo pirschte sich unauffällig an Frau Mahlzahn heran. Die saß auf dem Schaffell und harrte der Dinge die da kommen würden – in dem Fall war das Theo, der ihr seinen Hühnergott zeigen wollte, den er ja immer stolz um seinen Hals baumeln hat. Erstaunlicherweise ist Frau Mahlzahn nicht gleich abgehauen, sondern hat sich den Stein angeguckt, sogar daran geschnuppert. Wie ich Theo kenne, ist er nun sehr stolz und freut sich wie bolle. Ich nehme an, man muss sich jetzt nicht nur ständig den Stein bewundert anschauen, sondern auch seine große Heldentat immer wieder anhören, er hat schließlich den großen Mut gehabt, sich der Katzendrachenlady zu nähern. Naja. Ich freu mich selbstverständlich drauf. Worauf ich mich gerade nicht freue ist das Kuchenbacken, ich hätte nicht über Theos neue Hückelfrisur lästern sollen – selber Schuld, immerhin scheint er den Betonmischer im Schrank zu lassen, das Thema Betonschuhe ist glücklicherweise gerade etwas out. Glück im Unglück also.

Nicht dass ich Theos großen Mut nicht zu schätzen wüßte, aber ich sah neulich Frau Mahlzahn schon ein paar Mal bei den Kamelen – so hat sie tatsächlich mal Klärchen die Pfote an den Hückel gelegt und sie begutachtet. Die beiden sind sich aber auch ähnlich, sie haben beide mitunter ein Funkeln in den Augen, vor dem man sich in Acht nehmen muss. Was für ein Glück, dass ich sowieso schon oft einen Helm trage, an der Stelle ändert sich also nichts.