Kamele in wirren Zeiten (Kamelgeschichten 7)

Oft werde ich gefragt, wie es sich mit den Kamelen in diesen viralen Zeiten lebt. Naja, eigentlich fragt mich das kein Mensch, aber ich möchte doch davon berichten.
Wenn ich ehrlich bin, ist es den Kamelen auch vollkommen schnurzpiepenegal, ob da draußen Viren und Bakterien oder Monster und Dämonen unterwegs sind. Sie kümmern sich um ihre eigenen Befindlichkeiten. Wobei Klärchen ja gerade dabei ist, sich einen Mundschutz zu besorgen. (Wie heißt das dann eigentlich bei Kamelen, Schnauzenschutz?) Auf jeden Fall plant Klärchen etwas, wo sie so einen Schutz benötigt – natürlich sagt sie nicht, was sie plant. Ich fürchte aber, es wird weniger um ihren Schutz gehen. Wahrscheinlich plant sie eine Art Terroranschlag und möchte nicht erkannt werden, wobei jeder sie aufgrund ihres imposanten Hückels sofort erkennen wird. Aber das sag ich ihr lieber nicht.

Pollux ist momentan dabei, sich um Theo zu kümmern. Auch wenn Polli selbst gerade nicht so gut beieinander ist, er weint immerzu. Aber Theo steht wirklich etwas neben sich – er schaut immer ganz verwirrt und traurig, ist wohl nicht in seiner Kraft, der großen Kamelkraft. Scheinbar hat die äußere Verwirrung in der großen und kleinen Welt um ihn herum auch Einfluss auf sein Seelenleben. Pollux spürt sowas und die beiden kleben momentan sehr aneinander – der eine ist wirr und kraftlos, der andere traurig und verzweifelt. Zusammen können sie sich aber gut halten und Halt geben. Zwischendurch muss man beiden den Hückel kraulen und ihnen sagen, dass alles gut ist, bzw. wieder wird. Oft wollen sie das aber nicht glauben. Dann bringe ich Schokoklade, Schokladenpudding oder Schokoladenkuchen. Dann geht’s.

Von Hamfred am anderen Ende der Stadt hörte ich neulich, dass er derzeit in einer Nachttischschublade lebt. Manchmal wird er von den Straußens (das sei der korrekte Plural eines Vogel-Straußes, wie ich die Tage gelernt habe) besucht und es geht verdammt hoch her im Nachttisch. Eigentlich wollten die Straußens und Humphrey mich über Ostern besuchen und hatten die Chippendales gebucht, die dann bei mir für die Kamele und Co. getanzt hätten, zumindest mal für die schwuppigen. Ich war sehr froh, dass ich nicht da war. Die Feierei wurde verschoben und die Chippendales kampieren zurzeit auf einem Spielplatz vor Humphreys Wohnung, bzw. seinem Nachttisch. Ich bin sehr froh, dass ich niemals an besagtem Spielplatz vorbeikomme und am Ende noch angesprochen werde, aber leider befürchte ich, dass Fred bald doch vorkommen wird, um „mal unter meiner rosa Lampe zu sitzen“ – hoffentlich ohne Chippendales!

Wie man sieht, ist auch in diesen wirren Zeiten alles ganz normal. Spannend wird es, sollte tatsächlich bald mal eine Katze einziehen, das wird alles und alle auf den Kopf stellen – ich freu mich drauf!

Humphrey (Kamelgeschichten 3)

So ganz genau kann ich gar nicht mehr sagen, wann Humphrey zu mir kam, oder ob er vor oder nach Theo da war. Zumindest weiß ich, dass er in einem Paket kam, einem Kamelpaket. Ich glaube das steht auch immer dran, in dicken fetten Lettern auf der Kartonage: Kamelpaket. Humphrey wird heute oft Fred genannt, einfach weil es kürzer ist – das spart sehr viel Zeit, da man ihn ständig ansprechen muss. Wenn Pollux ein Starkamel ist und im Rampenlicht stehen mag, dann ist Humphrey DER Superstar, er ist eine wahre Diva und möchte angehimmelt werden. Er ist aber auch sehr hübsch und sehr süß – er proklamiert alle Superlativen für sich, also ist er der Hübscheste und der Süßeste, logisch. Humphrey ist kleiner als Pollux, er ist so groß wie Ete und Klärchen. Er hat ein absolutes Faible für männliches Federvieh – er verliebt sich meist in merkwürdige Vögel. Das fing damals mal mit einer Amsel an, vielmehr waren es mehrere Amseln, die immer mal wieder vorbeiflatterten. Der aufmerksame Leser weiß aber, dass Freds große Liebe der vergangenen Jahre Onkel Tante-Otto war, ein Önskad, also ein Doppelhückler und somit kein Federvieh – aber auch Onkel Tante-Otto ist durchaus ein sehr merkwürdiger Vogel, soviel ist definitiv klar! Soweit ich weiß, ist Humphrey zurzeit mit einem Strauss zusammen, der ihn aber ein wenig zappeln lässt. Deswegen weint er viel und singt noch vielmehr schräge Liebeslieder mit brüchiger Stimme. Da ist er laut und ausdauernd, sehr ausdauernd. Sozusagen ist er der Ausdauernste.
Humphrey wohnt am anderen Ende der Stadt. Er ist das wohl schwuppigste Kamel der Welt, aber auch das verehrenswürdigste, so süß und hübsch ist er! Er ist dort am anderen Ende Stadt das Primärkamel, genauso wie Pollux bei mir. Das bedeutet, dass sich diese beide Kamele nahezu alles erlauben können und trotzdem abgöttisch geliebt werden. Nahezu? Haha. Humphrey darf überall mit hinkommen und so ist er schon eine ganze Menge um die Welt gereist – und ich wette, er verdreht allen Amseln weltweit den Kopf!
Freddy trägt gern Schmuck, er hat meist einen kunstvoll gebunden Schal um, in weinrot und abgestimmt auf seine Fellfarbe, darüber goldschirmende Klunker, die bei jeder Bewegung klappern. Muss man mögen. Mögen wir selbstverständlich alle. Durch das Gewicht am Hals, kippt er im Stehen oft nach vorne und fällt auf die Nase…PÖCK, ist das Geräusch welches dann entsteht. Es gilt dann schnell zu handeln und ihn aufzustellen, sonst weint er. Humphrey liebt Donats, am allerliebsten hat er sie sehr süß und zuckrig und rosafarben. Bei einem Kamelkaffeetrinken sollte man das nicht vergessen, sonst fängt Hamfred unweigerlich an zu singen: laut, schrill und ein wenig weinerlich. Ein wahrer Minnesänger.
Pollux und Humphrey verstehen sich blendend, das war schon immer so. Klärchen passt gern auf Fred auf und bewacht das allerschönste Kamel. Neulich bei großem norddeutschen Sturm hat sie stundenlang neben ihm gehockt, während er ängstlich seine Fellnase unter die Decke gesteckt hat. Andere Kamele sind etwas, nunja angepestet von all der Singerei und behaupten, das wäre gar nicht so richtig schön und verschwinden lieber schnell, wenn es losgeht – wohl dem der ein eigenes Wurmloch zur Verfügung hat.
Manchmal kommt mich Humphrey besuchen – ich habe eine rosafarbene Seidenlampe, die er liebt. Pollux gibt ihm dann sogar etwas von seiner Schokolade ab, Theo guckt derweil lieber aus dem Fenster und ich…ich muss Donats und Schokoladenkuchen backen. Immerhin bin ich dann in der Küche und höre die Minnesängerei nur leise durch die geschlossenen Türen (das darf ich aber nicht allzu laut sagen).