Raum

Raum. Der Raum. Raum haben. Eher letzteres umtrieb mich gerade. In der letzten Zeit merke ich, wie wichtig es ist, Zeit und Raum zu haben, neben all den Dingen im Alltag, die uns beschäftigen, uns auf Trab halten. Menschen die uns täglich begegnen, Aufgaben die wir zu erledigen haben. Die Tage und Wochen sind erfüllt von Tun und Lassen – manchmal aber weniger vom Sein. So schön es ist, volle Tage zu haben mit interessanten Gesprächen, befriedigenden Aufgaben oder sportlichen Aktivitäten und faulen Zerstreuungen, manchmal fehlt der Raum für das Nichtstun. Für die Langeweile. Den Müßiggang. Raum für das einfache und bloße Sein. Im stressigen Alltag fällt uns das manchmal gar nicht auf, die Tage und Wochen vergehen so schnell – es passiert viel, aber es passiert oft nicht aus uns heraus, es passiert uns einfach. Wahrscheinlich ticken wir Menschen an dieser Stelle alle ein wenig unterschiedlich, manchem wird das gar nicht auffallen oder nicht wichtig sein.

Ich finde (für mich), Langeweile und Nichtstun ist ein Quell der Kreativität. Wie sollen sich neue Gedanken und Ideen Bahn brechen, wenn wir vollends damit beschäftigt sind, dem Leben im Außen zu folgen? Ja, Ideen können auch durch Impulse von Außen entstehen, durch Gespräche, Begegnungen, auch durch Film, Kunst oder sonstwas – aber das ist etwas anderes. Manchmal braucht es eine Zeit des Rückzuges auf sich selbst, um innerlich zu wachsen und größer zu werden. Oder eben komplett neu zu entstehen. Es mögen Gedanken sein, die als Keim schon lange in uns sind – sie brauchen die Freiheit der Kreativität, um wachsen und gedeihen zu können.

Für mich ist dieser Gedanke der keimenden Ideen ein sehr schöner. Weiß ich doch in diesem Moment, warum mir temporärer Rückzug so wichtig ist. Das tägliche Allerlei mag erfüllen, aber auf Dauer könnte das Stagnation bedeuten – also nehme ich mir gern zwischendurch eine Zeit für mich. Nichtstun, Gedanken nachhängen, oder auch gar nicht denken. Für so manchen ist das vergeudete Zeit, und manchem ist es nicht zu vermitteln, dass man sich einen solchen Raum nimmt, in dem augenscheinlich gar nichts passiert. Das ist in Ordnung – nicht jeder wird so empfinden.

Und doch, es passiert so viel, wenn man sich und seinen Gedanken und Emotionen Raum gibt – auch wenn es nicht zu beziffern ist, auch wenn man nicht den Finger drauflegen kann. Ich möchte eine solche Zeit nicht missen und hoffe, es nie zu vergessen mir diese zu nehmen und innezuhalten im tagtäglichen Trubel des Lebens…

Der Kamelonautenanzug (Kamelgeschichten Teil 48)

Wer hätte es gedacht? Kamele, vor Allem die die bei uns leben, sind Weltraumfahrer. Also mal zumindest manche der hiesigen Hückeltiere. Ich hatte es beinahe vergessen, aber die Kamele haben allesamt passende Kamelonautenanzüge, die sie zu besonderen Anlässen, oder immer wenn sie Gefahr laufen, im Weltall zu verschwinden, tragen.
Natürlich haben auch alle Ehrenkamele und Ehrenkamelösen so einen Kamelonautenanzug. Naja bis auf die Eule Greta und die Katze Mausi, da müssen wir noch Anzüge nachbestellen. Gibt es eigentlich irgendwo einen Kamelonautenanzugshop? Ich sollte Ete mal fragen, die ist schließlich die am weitesten Gereiste. Ich hoffe, jetzt fühlt sich der Kuseng nicht übergangen, er ist schließlich durch die Nord-West-Passage gesegelt. Also frage ich Ete und den Kuseng – ich bin auf die Antworten gespannt. Wahrscheinlich muss ich dann entweder in die Beaufortsee oder zu irgendeinem Galaxiehaufen am Ende der Physik reisen. Für beides benötige ich einen Kamelonautenanzug, wie gut dass ich einen habe!

Ete ist übrigens auch der Grund, warum mir das wieder einfiel mit dem Kamelonautenanzug. Sie ist ja gerade Dauergast bei mir (ein sehr gern gesehener natürlich!) und hat ihre Reisewurmlöcher mit gebracht. Ich wusste das auch nicht, aber sie hat ein scheinbar fest stationiertes Wurmloch bei sich Zuhause am anderen Ende der Stadt installiert (wie hat das eigentlich den Umzug neulich überstanden??) und für irdische Reisen diverse Reisewurmlöcher. Dummerweise ist Ete ein wenig unordentlich, böse Zungen behaupten, sie sei gar etwas schlampig veranlagt (ich gehöre nicht dazu!) und so lässt sie alles liegen und stehen, wo sie gerade ist. Dementsprechend liegen die kleinen Reisewurmlöcher in Mini-Sombrero-Form überall herum und so kann es passieren, dass man praktisch irgendwo ins Weltall stolpert. Zum Glück passe ich da nur mit einem Fuß hinein – aber neulich bin ich auf dem Weg ins Bett, meinerseits schon etwas schlaftrunken, ausgerutscht und mit dem linken Fuß im All gelandet. Wo genau, kann ich nicht leider sagen, aber als ich meinen Fuß wieder hinauszog, hatte ich grünen Glibber dran. Ich hoffe es ist etwas Unverfängliches gewesen und nicht etwa irgendwelche Alienexkremente oder so. Die Schlaftrunkenheit war schnell verflogen und nicht nur Ete hat leise gekichert.

Das zu den Kamlelonautenanzügen. Wobei ich gerade denke, ich sollte meinen mal wieder waschen und bügeln, aber das nur am Rande.
Vom anderen Ende der Stadt hörte ich, dass die dortigen Kamele derzeit alle im Partykeller sind. Oder im Partyfahrstuhl. Was immer das zu bedeuten hat – was mag ein Partyfahrstuhl sein? Wie auch immer, es kommt dort in den nächsten Tagen eine Mops-Dame zu Besuch. Der scheint es zu gefallen, alle möglichen Dinge anzuknabbern und anzulutschen. Da scheint der Partykeller der bessere Aufenthaltsort für die Partykamele zu sein. Hoffentlich ist das so, sonst hagelt es wieder Beschwerdebriefe von Theo – seines Zeichens Vorsitzender der Kamelschutzbehörde. Nunja, ich bin ja diesmal nicht betroffen und kann durchatmen.

Besuch und Weihnachtsnachrichten (Kamelgeschichten Teil 46)

Eine Eilmeldung, die längst überfällig ist. Sicher fragen sich schon etliche Leser*Innen, was denn aus dem diesjährigen Weihnachtskamel geworden ist, bzw. wer denn die Mütze tragen darf – wahrscheinlich fragt sich das niemand, ich erzähle das trotzdem, anhand einer Bildergeschichte.
Am anderen Ende der Stadt ist es einfach mit der Wahl des diesjährigen Weihnachtskamels. Nachdem Gustl seit Wochen nur noch „Mütze“ ruft, konnte ihm das niemand verwehren.

Anders bei mir. Theo schmollte als er hörte, dass es wieder Wahlen zum hiesigen Weihnachtskamel geben solle und er dementsprechend nicht gesetzt ist. Wer erinnert sich nicht an die aufregenden Wahlnächte und -partys im letzten Jahr? Dieses Jahr ist alles anders. Dieses Jahr ist Ete zu Besuch – Ete und Klärchen machen sozusagen ein Austauschprogramm (oben steht Klärchen rechts neben Gustav). So war hier die Idee geboren, dass Ete Weihnachtskamelin wird. Sehr deutlich ist Etes Reaktion dabei, leider hört man ihr verächtliches Schnaufen auf den Bildern nicht:

Schnell und unerwartet schlüpfte eine andere Kamelin nicht nur in die Rolle des Weihnachtskamels, sondern direkt unter die Mütze! Das Erdbeerkuchenkamel nutzte die Gunst der Stunde, als alle anderen noch haderten.

Die Eule Greta war ein wenig überrascht und skeptisch, was sehr deutlich zu sehen ist. Alle anderen gönnten der lütten Kamelfrau ihr Amt – was genauso überraschend ist, normalerweise herrscht Neid und Mißgunst (und Heulereien und Klagegesänge) unter den Kamelen, die keine Mütze tragen. Nun. So ganz entspannt ist die Lage dann doch nicht, denn mehrfach innerhalb von 24 Stunden zeigte sich dieses Bild:

Immer wieder lag das Erdbeerkuchenkamel ohne Mütze am Boden. Welch Frevel! Ich gestehe, ich hatte Theo in Verdacht, zumal er auch immer verdächtig unschuldig und pfeifend da saß. Aber…irgendwann, nachdem ich das Erdbeerkuchenkamel wiederum bemützt auf den Hocker gesetzt hatte, beobachtete ich die Katze Mausi. Die schlich sich nämlich schnuppernd an und hob behutsam ihre Pfoten und schubste das Erdbeerkuchenkamel vom Hocker und schubberte sich an der Mütze. Ich war baff. Dieses Procedere kann ich vielfach wiederholen – selbst wenn ich es mit Mütze zwischen Theo und Ete stellte, kam die Katze Mausi und schob es sanft auf den Boden. Unglaublich.
Der Gedanke lag nahe, dass Theo und Mausi gemeinsame Sache gemacht haben. Aber das habe ich schnell verworfen. Es liegt auch nicht daran, dass die Katze gern Weihnachts-Ehrenkamelin sein möchte (glaube ich wenigstens) – es ist ganz einfach: die Mütze lagerte in meiner Räuchersammlung, direkt neben dem weißen Salbei. Und so riecht sie nun auch. Der Katze scheint es zu gefallen und das Erdbeerkuchekamel sollte aufpassen, dass ihr Kopf durch sie Mütze nicht bald auch so riecht…könnte gefährlich werden, obschon die Katze doch sehr sanft mit Minikamel und Mütze umgeht.

Leider habe ich kein Beweisbild von den fast schon zärtlichen Übergriffen. Sollte mir es mir noch gelingen, einen fotografischen Beweis aufzunehmen, werde ich diesen selbstredend hier veröffentlichen. Ich freue mich auf jeden Fall über den Besuch – seit einigen Jahren ist Ete mal wieder da, wenngleich sie eigentlich ständig nur durch ihren Sombrero hüpft und durch das dort integrierte Wurmloch irgendwo am Ende der Galaxien ihr Unwesen treibt. Interessant war die Begrüßung durch die Katze Mausi – das war mehr als gegenseitiges beschnuppern, ich glaube, sie haben beide geschnurrt.

Ob sie gemeinsam durch die Galaxien reisen? Weiß man nicht so genau.

Nachtrag (P.S.): anbei der Beweis, praktisch des nachts per Wildkamera aufgenommen:
(nur falls man mir wieder nicht geglaubt hat, es alles wahr, der ganze Blog, all diese Geschichten passieren wirklich!)

Leuchtturm der Herrlichkeiten

Ein sehr schöner Text, leider nicht meiner:

Er betrat die Mole, an deren ins offene Meer hinein ragendem Ende ein kleiner, von einem rostigen Gitter bekränzter Leuchtturm stand. Er ging darauf zu. Es war jene Stunde zwischen Hund und Wolf oder vielmehr zwischen Schwalbe und Fledermaus, die Stunde, in der sich beide in der Luft begegnen, die eine geht schlafen, die andere wacht auf, die Lichter sind schon entzündet, aber der Himmel ist noch hell, und die Sterne liegen noch tief in ihm verborgen. Und es begab sich, jawohl, es begab sich, dass zu dieser Stunde und an dieser Stelle des Horizonts das dunstige Silberblau des Himmels und des Meeres fugenlos ineinanderflossen und nicht mehr zu unterscheiden waren. Die Mole führte geradewegs in diese graublaue Tiefe hinein, und bei jedem neuen Schritt war es ihm, als stiege er eine Himmelsleiter empor, aber er erblickte keine Engel und auch keinen Gottvater, stattdessen weiterhin den Leuchtturm, dessen einst weiß getünchte Mauern sich hell von dem Meereshimmel abhoben wie auf einem alten Porträt das rissige, matte Weiß eines Brusttuchs von einem blassblauen Kleid, und dessen Spitze jetzt wie ein Gestirn zu leuchten begann. 
Wo der nur bei Ebbe frei liegende Leuchtturmsockel im Boden verankert war, erblickte der Spaziergänger den Betonwall, den man zur zusätzlichen Befestigung schlangenlinienförmig  um das Fundament gegossen hatte. Mit jeder zurückflutenden Welle wurde die von weißem Schaum ins schlürfende Wasser gezeichnete Schlangenlinie einen Atemzug lang sichtbar. Der Leuchtturm bleckte die Zähne, wie um das Meer in Schach zu halten. Am Fuße des Leuchtturms war das Wasser fast schwarz.

(Aus: Tal der Herrlichkeiten von Anne Weber)