Verbindlichkeiten

Im Wort Verbindlichkeit steckt Ver-Bindung drin, sich binden, eben verbindlich sein. Heutzutage ist das scheinbar ein seltener werdendes Gut. Wir leben in einer Zeit der Fülle, der Selbstverwirklichungen, in einer Welt der tausend Möglichkeiten. Das ist sicherlich schön, weil wir alle so ziemlich alles machen und auch lassen können und das eigentlich immer und zu jeder Zeit. Auf der Strecke bleibt aber häufig, so scheint es mir, eben diese Verbindlichkeit. Es gibt soviele, vielleicht zuviele Dinge, die wir tun können, als dass wir uns frühzeitig für etwas oder jemanden festlegen wollen oder können. Es kann oder könnte sich ja immer etwas noch Besseres, etwas vermeintlich noch Wichtigeres ergeben. Aber was kann denn wichtiger sein, als mit anderen Menschen einen verbindlichen Kontakt einzugehen? Ich finde das sehr auffällig – zumindest ist es das in meinem Leben. Ich würde es spontan das „Silvestersyndrom“ nennen wollen. Früher schon haben viele Menschen auf eine Silvestereinladung mit einem „Vielleicht“ geantwortet, eben eine eventuelle Zusage nur für den Fall, dass sich nichts Besseres anbietet. Heute ist vielleicht immer Silvester (welch gruseliger Gedanke). Für alle die, die etwas organisieren wollen, ist das richtig blöd. Sie laufen immer Gefahr, am Ende allein dazustehen. Gerade wenn man etwas für und mit einer Gruppe machen möchte, fühlen sich wenige Menschen bewogen, verbindlich zuzusagen. Leider ist es aber so, dass Zusagen oft auch nicht mehr so sehr viel wert sind. Natürlich kann jedem und immer etwas dazwischenkommen und es ist unfair, jedem Absager grundsätzliche Unverbindlichkeit nachzusagen. Aber der Trend geht irgendwie in diese Richtung. Mich nervt das zugegebenermaßen und ich frage mich, was das über die Welt in der ich lebe, aussagt? Vielleicht habe ja nur ich vermehrt Menschen um mich herum, die „gern“ etwas absagen? Vielleicht suche ich mir genau solche Menschen aus? Naja und warum triggert es mich seit Jahren dermaßen, wenn Menschen ständig etwas absagen? Was also sagt es über mich aus? Gute Fragen, wie mir scheint.
Ich persönlich finde Verbindlichkeiten wichtig. Das hat auch etwas mit Verlässlichkeit zu tun, sich auf jemanden verlassen können. Für sich selbst bedeutet das dann aber auch, sich eben auf sich selbst verlassen zu können, zu seinem Wort stehen! Sich selbst vertrauen zu können heißt ja, Selbstvertrauen zu haben! Ich finde, das korreliert ganz schön. Aber kann man dann den Umkehrschluss wagen und behaupten, dass Menschen die unverbindlich sind, wenig Selbstvertrauen haben? Das scheint mir auch sehr weit hergeholt zu sein – aber wer weiß, vielleicht lohnte sich da eine empirische Statistik. Eines aber weiß ich ganz genau: man gut, dass ich kein Silvester mehr feiere.
(Bild von https://unsplash.com/)

Mimmi

Johann Wolfgang von Goethe – Gedicht über die Katze

Zum Fressen geboren,
zum Kraulen bestellt
in Schlummer verloren
gefällt mir die Welt.

Ich schnurr’ auf dem Schoße,
ich ruhe im Bett
in lieblicher Pose,
ob schlank oder fett.

So gelte ich allen
als göttliches Tier,
sie stammeln und lallen
und huldigen mir,

liebkosen mir glücklich
Bauch, Öhrchen und Tatz –
ich wählte es wieder,
das Leben der Katz.

Theo (Kamelgeschichten 4)

Theo ist Pollux‘ Bruder, und er ist das Kamel mit den vielen Gesichtern. Das ist zuerst einmal sehr wörtlich gemeint, seine rechte Gesichtshälfte unterscheidet sich sehr von der linken. Links schaut er stets sehr streng und leicht böse. Auf der rechten Seite sieht er ein wenig verträumt aus. Aber Theo ist auch im Wesen sehr vielseitig. Bevor er zu mir kam (auch im Kamelpaket, wenn ich mich recht erinnere) umgab ihn der Mythos, er habe eine mafiöse Vergangenheit. Natürlich hat er diesen Mythos selbst in die Welt gesetzt, indem er immer von „Betonschuhen“, etc. erzählte. Will man jemanden um die Ecke bringen, fragt man Theo – er fängt anstandslos an, seinen Betonmischer aus dem Schrank zu holen und unheilvolle Melodien zu pfeifen. Angeblich sind schon einige Wesen mit Betonschuhen an den Füssen auf den Grund der Kieler Förde gesunken. Es ist also Vorsicht geboten. Allerdings ist Theo den Klauen der Mafia entkommen und Angst vor diversen Racheakten hat er grundsätzlich immer. Wenn zum Beispiel ein Auto vor der Tür hupt, fängt das stattliche Kamel gern zu zittern an, gibt seine Ängstlichkeit aber niemals zu. Theo ist inzwischen etwas rot- bis violettgesichtig, das könnte daran liegen dass er mal jahrelang auf einem großen roten Kissen vor einem Fenster saß und die Sonne ihn etwas gefärbt hat – möglicherweise leidet er auch unter Bluthochdruck, so genau weiß das niemand.
Seit einiger Zeit verdingt sich Theo auch als spirituelles Kamel und war auch während einer schamanischen Ausbildung einige Tage mit dabei, mit sehr großer Begeisterung, möchte ich sagen. Er hat dort nicht nur viel gelernt, er hat auch alle Anwesenden in seinen Bann gezogen und nebenbei alle Schokoladenplätzchen dort vertilgt.
Vor wenigen Jahren kam das schwedische Kamel Gustav in die Kamelherde. Gustav ist inzwischen Theos bester Freund. Beide haben Hühnergötter um den Hals hängen und streiten, wer den schönsten Stein hat. Das sieht dann so aus, dass beide dauernd ihren Stein zeigen und hören wollen, das es der beste aller möglichen Kamelsteine ist. Dieses Unterfangen kann sowohl lange dauern als auch total und vollkommen nerven! Das ist den beiden aber egal, sie sind sehr ausdauernd bei diesem Thema (wobei Gustav damit angefangen hat, das sei an dieser Stelle gesagt). Theo und Gustl brauen sehr gern große Kessel voller Zaubertrank, ich erwähnte es schon an anderer Stelle. Als mir beispielsweise mal das Knie sehr weh tat, haben sie einen Trank gebraut, sich verschworen und um Knie-Heilung gebeten. Mein Knie tat zwar immer noch weh, dafür wuchs mir eine schicke Langhaarfrisur an eben jenem Knie, mit ca. 50cm langen Haaren. Da die beiden sowas öfter machen, gibt es in Kiel inzwischen Kniehaarfriseure, das dürfte weltweit einmalig sein. Ich vermute, dass die beiden dieses Läden selbst betreiben, denn sie haben erstaunlich große Portemonnaies und Sparkonten. Wenn man Theo und Gustl beobachtet, geben sie sich sehr ernst – fühlen sie sich unbeobachtet, sieht man sie tuscheln und anschließend gemeinsam kichern, sie werden deshalb die Kicherkamele genannt, was sie ziemlich blöd finden und mit strengen Blicken kommentieren.
Das Kamel Theo ist ein sehr stolzes und eigentlich sehr leises Kamel – er liebt das Erdbeerkuchenkamel und es liebt ihn. Dieses kleinste aller Kamele sitzt immer zwischen Theos Pfoten (ja, das heißt bei den hiesigen Kamelen tatsächlich Pfoten, Pollux hat nach eigener Zählung sogar sieben davon!) oder auf seinem Hückel (genau, es heißt hier Hückel und nicht Höcker) und bewundert ihn. Theo mag gern bewundert werden, außer er zittert gerade aus Angst vor Racheakten der Mafia, dann versteckt er sich lieber vor der Welt. Theo ist absolut unbestechlich, das hat er wohl aus der Mafiazeit – im Gegensatz zu Pollix, der für eine Tafel Schokolade schonmal seine Oma verkauft.

(Auf dem Bild sind die besten Freunde Gustav und Theo zu sehen. )

Humphrey (Kamelgeschichten 3)

So ganz genau kann ich gar nicht mehr sagen, wann Humphrey zu mir kam, oder ob er vor oder nach Theo da war. Zumindest weiß ich, dass er in einem Paket kam, einem Kamelpaket. Ich glaube das steht auch immer dran, in dicken fetten Lettern auf der Kartonage: Kamelpaket. Humphrey wird heute oft Fred genannt, einfach weil es kürzer ist – das spart sehr viel Zeit, da man ihn ständig ansprechen muss. Wenn Pollux ein Starkamel ist und im Rampenlicht stehen mag, dann ist Humphrey DER Superstar, er ist eine wahre Diva und möchte angehimmelt werden. Er ist aber auch sehr hübsch und sehr süß – er proklamiert alle Superlativen für sich, also ist er der Hübscheste und der Süßeste, logisch. Humphrey ist kleiner als Pollux, er ist so groß wie Ete und Klärchen. Er hat ein absolutes Faible für männliches Federvieh – er verliebt sich meist in merkwürdige Vögel. Das fing damals mal mit einer Amsel an, vielmehr waren es mehrere Amseln, die immer mal wieder vorbeiflatterten. Der aufmerksame Leser weiß aber, dass Freds große Liebe der vergangenen Jahre Onkel Tante-Otto war, ein Önskad, also ein Doppelhückler und somit kein Federvieh – aber auch Onkel Tante-Otto ist durchaus ein sehr merkwürdiger Vogel, soviel ist definitiv klar! Soweit ich weiß, ist Humphrey zurzeit mit einem Strauss zusammen, der ihn aber ein wenig zappeln lässt. Deswegen weint er viel und singt noch vielmehr schräge Liebeslieder mit brüchiger Stimme. Da ist er laut und ausdauernd, sehr ausdauernd. Sozusagen ist er der Ausdauernste.
Humphrey wohnt am anderen Ende der Stadt. Er ist das wohl schwuppigste Kamel der Welt, aber auch das verehrenswürdigste, so süß und hübsch ist er! Er ist dort am anderen Ende Stadt das Primärkamel, genauso wie Pollux bei mir. Das bedeutet, dass sich diese beide Kamele nahezu alles erlauben können und trotzdem abgöttisch geliebt werden. Nahezu? Haha. Humphrey darf überall mit hinkommen und so ist er schon eine ganze Menge um die Welt gereist – und ich wette, er verdreht allen Amseln weltweit den Kopf!
Freddy trägt gern Schmuck, er hat meist einen kunstvoll gebunden Schal um, in weinrot und abgestimmt auf seine Fellfarbe, darüber goldschirmende Klunker, die bei jeder Bewegung klappern. Muss man mögen. Mögen wir selbstverständlich alle. Durch das Gewicht am Hals, kippt er im Stehen oft nach vorne und fällt auf die Nase…PÖCK, ist das Geräusch welches dann entsteht. Es gilt dann schnell zu handeln und ihn aufzustellen, sonst weint er. Humphrey liebt Donats, am allerliebsten hat er sie sehr süß und zuckrig und rosafarben. Bei einem Kamelkaffeetrinken sollte man das nicht vergessen, sonst fängt Hamfred unweigerlich an zu singen: laut, schrill und ein wenig weinerlich. Ein wahrer Minnesänger.
Pollux und Humphrey verstehen sich blendend, das war schon immer so. Klärchen passt gern auf Fred auf und bewacht das allerschönste Kamel. Neulich bei großem norddeutschen Sturm hat sie stundenlang neben ihm gehockt, während er ängstlich seine Fellnase unter die Decke gesteckt hat. Andere Kamele sind etwas, nunja angepestet von all der Singerei und behaupten, das wäre gar nicht so richtig schön und verschwinden lieber schnell, wenn es losgeht – wohl dem der ein eigenes Wurmloch zur Verfügung hat.
Manchmal kommt mich Humphrey besuchen – ich habe eine rosafarbene Seidenlampe, die er liebt. Pollux gibt ihm dann sogar etwas von seiner Schokolade ab, Theo guckt derweil lieber aus dem Fenster und ich…ich muss Donats und Schokoladenkuchen backen. Immerhin bin ich dann in der Küche und höre die Minnesängerei nur leise durch die geschlossenen Türen (das darf ich aber nicht allzu laut sagen).

Naturgesetze (1)

Es gibt auf dieser Welt viele Naturgesetze – und damit meine ich nicht so etwas wie die Gravitation oder die Schwerkraft. Es gibt Gesetze, nach denen auch unser geistiges Leben funktioniert, wenn man das denn so sagen mag. Naturgesetze wirken immer, egal ob man sie kennt oder ob man daran glaubt. Besonders wichtig ist mir persönlich der Satz Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Ich habe diesen Satz so oder so ähnlich unzählige Male in meinem Leben gehört, früher habe ich ihn immer komplett überhört, später schlicht nicht verstanden oder verstehen wollen. Dabei ist es im Grunde so einfach. Die Dinge auf die wir einen Fokus haben, werden in unserem Leben eine größere Rolle spielen – wenn man zum Beispiel eher defizitorientiert unterwegs ist, wird man immer wieder auf seine Defizite (und die der Welt um uns herum) zurückgeworfen werden. Nun, es ist gut, seine Defizite zu kennen. Das hat im Kern oft sehr viel mit alten Glaubenssätzen zu tun, die hier zugrunde liegen.
Wenn jemand beispielsweise nicht mehr so viel Stress haben möchte, hilft es ihm selten, wenn er sich nur auf diesen Satz fokussiert: bloß keinen Stress! Schöner und zielführender wäre es doch, sich zu überlegen, statt des Stresses mehr Ruhe, mehr Entspannung, mehr Freiheit zu haben. Die Energie folgt dann dieser Aufmerksamkeit. Das ist im Grunde so einfach wie es schön ist.
Das mit den oben genannten Glaubenssätzen ist aber ja nicht immer ganz so einfach. Man kann sich selbst auf die Schliche kommen, oder sich hier helfen lassen, es gibt viele Methodiken, hier „fündig“ zu werden. Einmal gefunden, lässt sich ein Glaubenssatz sozusagen umprogrammieren, er lässt sich durch etwas Positives ersetzen. Manche Glaubenssätze sind dabei gar nicht unsere eigenen – wir haben sie übernommen, vielleicht von den Eltern oder Großeltern, vielleicht von der Gesellschaft. Vielleicht von unseren Ahnen. In der Wissenschaft spricht man von der Epigenetik, hier werden Verhaltensweisen und Überzeugungen von Generation zu Generation auf Zellebene weitergegeben. Im Schamanismus kann man seine Ahnenreihe heilen und somit auch selbst vom energetischen Ahnenfeld mitprofitieren, aber das ist ein ganz anderes, wenngleich hochspannendes, Thema.
Ich habe für mich festgestellt, dass es schon hilfreich ist, sich den Satz „die Energie folgt der Aufmerksamkeit“ immer mal wieder bewusst zu machen, ihn sich immer mal wieder zu sagen. Allein das lenkt die eigene Aufmerksamkeit in andere Richtungen. Wenn man sehr achtsam mit seinen Gedanken und Gefühlen ist, wird man viele Glaubenssätze bemerken – und genau dann kann man sie verändern. Die Energie folgt auch hier der Aufmerksamkeit, es wird immer leichter, sich selbst beim denken zuzusehen. Eine spannende Erkenntnis, wobei diese Arbeit ein durchaus langer Prozess ist, der wohl niemals vollständig abgeschlossen sein wird.
Der römische Philosoph Mark Aurel wird gern zitiert mit dem Satz „Mit der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“, das geht in dieselbe Richtung – dieses Zitat berührt mich seit vielen Jahren. Lasst uns also den positiven Dingen auf der Welt mehr Beachtung schenken! Wenn wir ein positives Grundgefühl haben, können wir uns vielleicht auch besser mit all den kleinen und großen Katastrophen unserer Zeit auseinandersetzen, ohne von ihnen komplett heruntergezogen zu werden. Das wäre dann das nächste Naturgesetz: das Gesetz der Anziehung, der Resonanzen. Ich arbeite daran!
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Etepetete (Kamelgeschichten 2)

Das Kamel Pollux hat eine Schwester, Etepetete, genannt schlicht Ete. Ete kam wenige Jahre nach Pollux zu mir – ich weiß nicht mehr, woher sie kam, sie war plötzlich da. Wie alle anderen übrigens auch. Ich hatte schon das Gefühl, die Kamelgroßfamilie würde sich komplett bei mir einquartieren – zumal es im Laufe der Zeit merkwürdige Geschichten von entfernten Verwandten gab, die irgendwann alle zum Kamelkaffeetrinken kommen würden. Kamelkaffeetrinken. Das ist ein ganz eigenes Thema – und kein leichtes, weil es viel Vorbereitung bedarf, allein das Backen unzähliger Kuchen (es gibt dann Kuchenlisten!) dauert seine Zeit. Aber ich schweife ab. Ete. Ete ist eine sehr hübsche Kamelin, sie ist eine Etage kleiner als Pollux, dafür ist sie unglaublich schlau. Sie ist praktisch „das Gehirn“, wenn man mal etwas Wichtiges zu erledigen hat, wo es viel Cleverness braucht, kann man sich von Ete das Gehirn leihen. Meist bekommt man es dann für ein paar Stunden und weiß plötzlich alles über jedes, das ist großartig. Für Ete selbst hat es aber den Nachteil, dass sie sich mit anderen Menschen und anderen Kamelen schnell intellektuell langweilt, das macht sie eigentlich immer. Daher hat sie sich irgendwann ein Wurmloch gebaut, dass sie in einem großen Sombrero versteckt hat (am Anfang wußte niemand, warum Ete immer in diesen Sombrero hüpfte und erst Stunden später selig lächelnd wiederkam). Ete ist mit dem Wurmloch gern in Raum und Zeit unterwegs, oft ist sie im Restaurant am Ende des Universums und trinkt dort ganze Rotweinbestände aus. Sie nimmt das Leben leicht macht was sie will und schnaubt eher einmal, wenn jemand dummes Zeug erzählt, um dann fix im Sombrero zu verschwinden. Naja, und dummes Zeug wird viel geredet wenn die anderen Kamele in der Nähe sind, das steht mal fest! Ete hat aber auch ein Faible für große stattliche Kamelherren – sie hat sich in das schwedische Kamel Gustav verguckt, obwohl Gustav eigentlich nur schwedisch spricht, verstehen sie sich ohne Worte meist gut – vielleicht kann Ete aber auch alle Fremdsprachen dieser Welt gleichzeitig sprechen, sie hat ja DAS Gehirn. Das weiß ich aber nicht so genau. Ete wohnt zusammen mit Gustav, Fred und Brocki am anderen Ende der Stadt und ich sehe sie selten. Manchmal materialisiert sie sich auf meinem Sofa, dann ist sie irgendwo im Wurmloch falsch abgebogen. Sie murmelt dann ein „Guten Abend“ und verschwindet so schnell wie sie gekommen ist. Sie ist ein wenig eigenbrötlerisch, aber wenn man sie braucht, ist sie da. Pollux liebt seine Schwester und ist sehr stolz auf sie. Die beiden kommen sich auch nicht ins Gehege, weil er auf Schokolade und sie auf Rotwein (und Schnaps) steht. Schimm war es,als vor einiger Zeit mal der Sombrero kaputt war, da war Sie unausstehlich, wohl auch weil sie nicht mehr zum Restaurant am Ende des Universums oder zum Café an den Saturnringen reisen konnte – da hat sie dann mal ein wenig geplaudert über ihre Reisen. Sonst würde davon ja niemand wissen, ist ja klar. Mit Ete muss man sich gustellen – sie hat nicht nur das Gehirn, sie kann auch immer einen guten Rotwein besorgen. Außerdem ist sie ja eine sehr liebenswerte Kamelin, wenn sie mal da ist.

Pollux das Kamel (Kamelgeschichten 1)

Es war hübsch, es war unglaublich charmant, es war neugierig und es war gestrandet auf der Nordseeinsel Sylt in einem Camel-Shop: ein Kamel, genauer gesagt: ein Dromedar. Jeden Besucher hat es angezwinkert, überall wollte es mitkommen, es suchte ein Zuhause und es fand Menschen die es mitnahmen. Das war vor ca. 30 Jahren. Das Kamel landete damals in der Nähe von Hannover, bei mir. Damals war es ein Plüschkamel, stehend ca. 30 Zentimeter groß, treuer Blick und ein imposanter Höcker. Pollux der Name, männlich.
Jetzt sind viele Jahre vergangen, das Kamel ist viele Male mit mir umgezogen, es ist und bleibt treu an meiner Seite. Seit einigen Jahren leben wir an der Ostsee und bald wird es in den Schwarzwald gehen. Pollux kommt mit, dann wird es ein süddeutsches Kamel sein.
Die Menschen im Schwarzwald wissen noch gar nicht, wer und was da auf sie zukommt, man sollte das aber auch ein wenig diskret behandeln. Ist besser.
Unzählige Geschichten ranken sich mittlerweile um dieses schöne Hückeltier und ständig kommen neue dazu. Es gibt auch viele Kamele rund um Pollux, die lange nicht mehr alle zusammen leben – zum Glück, denn sonst bräuchte ich einen eigenen Raum für all diese…wundervollen Tiere. Eigentlich ist Pollux aber sowieso der Meinung, dass er das einzig wahre Kamel ist und die Welt ihm grundsätzlich huldigen sollte. Dummerweise denken das andere Kamele auch von sich. Da ist zum Beispiel Fred (eigentlich Humphrey), der sich selbst als unbedingt allerschönstes Kamel betrachtet und Weinanfälle bekommt, wenn man widerspricht. Es gibt auch das Kamel Theo, der ruhig bis aufgeregt seinem schamanischen Treiben fröhnt und sich mit Gustav, dem schwedischen Kamel, darüber streitet, wer den schönsten Stein um den Hals baumeln hat. Es gibt Klärchen, Ete und das Erdbeerkuchenkamel. Und da ist auch noch Brocki, der immer und ständig mit stoischer Ruhe Space Invaders spielt. Das alte Kamel Oppa ist auch noch da, er wohnt inzwischen in der Nähe von Hameln in seiner Altenresidenz, er ist leicht senil, ihm geht es aber gut. Naja und es gibt einen Haufen „Önskads“, die allerdings Doppelhückler sind und ein wenig argwöhnisch betrachtet werden vom Rest der Bande. Das Önskad Onkel „Tante-Otto“ war mal mit Fred liiert, hat ihm aber das Herz gebrochen und ich weiß gar nicht so ganz genau, wo es abgeblieben ist. Müsste ich mal nachforschen…oder nein, lieber nicht. Nachher kommt Onkel Tante-Otto wieder zu mir und ich weiß, dass Theo immer knurrt wenn er Önskads sieht. Theo neigt zusammen mit Gustav dazu, bei Schwierigkeiten jedweder Art große Kessel voll „Zaubertrank“ zu brauen – wobei diese Tränke vermehrt diverse unschöne Nebenwirkungen aufweisen. Von eigentlichen Wirkungen weiss ich bisher leider nichts. Also reden wir hier besser nicht von Önsk….pssst.
Um all diese Charaktere soll es in diesem Blog gehen – und glaubt mir, das sind irrwitzige bis abstruse Geschichten, die es da zu erzählen gibt!
Pollux möchte natürlich immer vorkommen, in jeder Geschichte. Er hat ein ziemliches Geltungsbedürfnis, und das kann ich nur sagen, weil ich ihm gerade einen großen Topf Schokoladenpudding hingestellt habe, ansonsten würde er lauthals zetern, weil er im Grunde meint, sowas wie ein königliches Kamel zu sein. So gesehen hält er mich Mensch als Hofnarr, bzw. als Schokoladenlieferant. Klärchen ist seit vielen Jahren Pollux‘ Freundin. Sie ist eine sehr explosive Kamelin, erfreut sich an Explodierendem und ist selten sanft und ruhig – auch nicht zu Pollux, weswegen er ein wenig Angst vor ihr hat. Verständlicherweise, möchte ich sagen. Klärchen ist erst seit gestern wieder zuhause, sie war eine Weile zu Besuch bei Fred, Gustav, Ete und Brocki am anderen Ende der Stadt. Es gab also große Wiedersehensfreude, Klärchen und Pollux (der manchmal auch Pollix oder einfach Polli genannt wird) sind schon toll verliebt ineinander. Meistens zumindest.
Ich bin gespannt, was es an dieser Stelle alles zu berichten gibt aus der Welt der wunderbaren Hückler.

Lang lebe….die Liebe

Bist du auch so verliebt?
Meine Lust will, dass es uns ewig gibt
Und so singt sie ein Lied und noch ein Lied
Auf, dass es uns ewig gibt
Bist du auch so vergnügt?
Oh, wie schön heut das Leben zu uns lügt
Und wie mein Herz vor Liebe fast verglüht
Schau, wie der Frühling heute blüht!
Da-da-da-da

(Casper, Lang lebe der Tod)

Ruhebereich

Wenn jemand eine Reise macht, dann kann er was erleben. Das ist auch so, wenn man mir der deutschen Bahn unterwegs ist. Zuerst einmal will ich gar nicht meckern über Verspätungen, Zugausfälle oder was einem da sonst sofort in den Kopf schießt. Für Reisende, die es mögen, in Ruhe ein Buch zu lesen, oder einfach ohne Störung die Landschaft an sich vorbeiziehen zu lassen, sind extra Abteile zur Verfügung gestellt worden: Ruhebereiche. So hat so ein ICE elf oder zwölf Wagen, zumindest in dem Zug, in dem ich gerade sitze. Zweimal erste Klasse, ein Speisewagen, ein Handyabteil und eben einmal den Ruhebereich-Wagen. Da bleiben also sieben „normale“ Wagen. Nach Adam Riese. Zudem ist der Ruhebereich immer ganz am Anfang oder ganz am Ende des Zuges angesiedelt, bei einer Zuglänge von mehreren hundert Metern ist man ganz schön unterwegs am Bahnsteig, man muss das also wirklich wollen! Ich frage mich als häufiger Ruhebereichs-Fahrgast, wieso eigentlich fast immer Familien mit kleinen Kindern an den Tischplätzen sitzen? Oder Menschen die sich die ganze Zeit einigermaßen laut unterhalten? Machen die das mit Absicht, um andere zu ärgern? Möglicherweise sind diese Abteile ja leerer als die „normalen“, das müsste ich mal herausbekommen. Neulich spielte zum Beispiel eine Familie mit zwei Kindern Mensch-Ärgere-Dich-Nicht, lauthals natürlich, weil sich Ja doch alle geärgert, bzw. über den Ärger des anderen gefreut haben. Irgendjemand im Abteil wagte es nicht, die Familie anzusprechen und auf das Wort Ruhe in der Bezeichnung Ruhebereich hinzuweisen. Augenscheinlich waren vorher 80% der Mitfahrer von den Krach genervt, aber der arme Mensch, der das freundlich monierte, war allein auf weiter Flur. Die Familie war zwar einigermaßen einsichtig, aber zwei kleine Kinder können nicht stundenrund ruhig sein, wer konnte das als Kind schon? Aber wieso buchen erwachsene Menschen mit Kindern Plätze im Ruhebereich? Ein anderes Mal wurde jemand der freundlich um Ruhe bat, regelrecht angeböbelt. Tenor war, dass Züge in anderen Ländern schließlich auch voll und laut seien, beispielsweise in Indien, das wäre dann ja typisch deutsch! Indien ist schon auch ein großartiges Beispiel, wenn man durch Deutschland Zug fährt, finde ich ich. Abgesehen davon: was heißt eigentlich „typisch deutsch“? Und warum stehen da so wenige Menschen zu? Manchmal erscheint es mir wie ein Makel, den man hat, deutsch sein. Eigentlich kann man das doch wertfrei nehmen und sich daran erfreuen, dass es in deutschen Zügen Angebote wie Ruhebereiche gibt, und vielleicht kann man Mitreisende auch darauf hinweisen, der Ton macht natürlich die Musik und nicht ständig muss man andere zurechtweisen, das keinesfalls, ein wenig Laisser-faire können wir uns ja auch abschauen von anderen Völkern. Aber manchmal gehört es auch dazu, sich zu äußern, das ist ja nicht nur in eigentlich belanglosen Situationen wichtig, hier kann man sich vielleicht mal darin üben, seine Meinung zu vertreten oder seine Befindlichkeiten, das ist allemal besser als sich still zu ärgern. Gedankenpause. Jetzt kam gerade ein freundlicher Mensch mit einem Bauchladen vorbei (möglicherweise ein Inder?) und brachte einen heißen Kaffee. Ich schlürfe daran, das Abteil ist voll und ….ruhig. Eine Brottüte knistert, zwei Menschen tuscheln leise. Geht doch!

Medialer Wahn(sinn?)

Jetzt schreibe ich schon eine ganze Weile etwas über unsere Medienlandschaft – komme von Höcksken auf Stöcksken und verzettele mich in tagesaktuellen Themen. Stopp. Davon gibt es wirklich genug zu lesen, „alle Welt“ echauffiert sich über die Art und Weise der Berichterstattung, über Inhalte und Nicht-Inhalte. Das reicht. Mehr davon braucht kein Mensch. Lest das doch woanders, wenn ihr wollt. Ich fang nochmal von Vorne an.

Mich bewegt zurzeit der mediale Hype mit seinen teils brüllenden Schlagzeilen. Corona-Virus, Brexit, Trump, Klima, AfD, VW, etc. Einige dieser Themen sind wahre Ladenhüter, immer wiederkehrende Schlagzeilen. Aber letztlich sind all das Themen, die ich selbst gar nicht so recht beurteilen kann – mir fehlt schlicht eigenes erlebtes Wissen. Je nach Nachrichtenmagazin bekomme ich teils doch unterschiedlichste Facetten zu jedem Thema geliefert. Wenn ich in den Sozialen Netzwerken stöbere, sind da mitunter noch ganz andere Meinungen, scheinbare Fakten, die auftauchen. Was mache ich nun eigentlich damit, wem glaube ich was? Wie bilde ich mir nun meine Meinung? Naja und nicht zuletzt: was sind eigentlich Fakten? Der Begriff „Harte Fakten“ ist wirklich ein Modebegriff, ständig wird von Fakten gesprochen und ich fürchte, viele Menschen nehmen diesen Begriff und hinterfragen ihn nicht weiter – fast so, als wäre das ein physikalisches Axiom. Genau betrachtet, gehen auch diese Axiome von einem bestimmten Weltbild aus und sind keinesfalls ständig und für jeden Menschen uneingeschränkt gültig. Was ist also die Wahrheit? Gibt es sie überhaupt, DIE Wahrheit. Sicherlich nicht. Ich merke oft, dass es mir schwerfällt, mich bei allen Themen dieser Welt zu positionieren, eine klare und unumstößliche Meinung zu haben und zu vertreten. Ich weiß einfach zu wenig – und ich bin mir auch für mich sicher, dass viele Themengebiete viel zu komplex sind, um sie umfassend begreifen zu können. Aber muss ich das überhaupt? Brauche ich notwendigerweise ständig eine Meinung? Für eine Diskussion brauche ich eine Meinung, oder zumindest ein wenig Wissen über ein Thema. Wenn ich mit jemandem über Themen rede, ist es ein Austausch von Informationen…wenn es gut läuft. Läuft es nicht gut, wollen Menschen andere Menschen überzeugen, leider oft mit dem viel zitierten gefährlichen Halbwissen, oder mit überhaupt keinem Wissen, dafür mit sehr viel Meinung.

Ich schweife schon wieder ab und merke, wie schwer es mir fällt, das Thema Medien klar und deutlich zu behandeln, auch innerlich. Vielleicht liegt es daran, dass Medien immer auch und entscheidend davon abhängen, ob sie wahrgenommen werden und wer sie konsumiert. Was ein Mensch damit macht und wie er damit umgeht, ist halt ein ganz anderes Thema. Medienmagazine und Zeitungen sind oft plakativ. In den sozialen Medien ist der Ton ein sehr rauer geworden. Es gibt unabhängige Medien, Presseagenturen und wer weiß was noch alles. Möglichkeiten, die uns Bürger informieren sollen – und damit eben auch eine Meinungsbildung betreiben. Bleibt die Frage, inwieweit das von wem zielgerichtet ist oder sein könnte? An dieser Stelle begibt man sich schnell auf’s Glatteis der Verschwörungstheorien – und davon gibt es viele, gab es in der Geschichte der Menschheit wohl schon immer. Aber auch diese Theorien runden das Bild ab, zeigen einen Teil des menschlichen Denkens, die Skepsis, den Zweifel. Das will gesehen werden!
Ich für meinen kleinen Teil mag mich gern bemühen, alle möglichen Ideen und Meinungen zu globalen Themen wahrzunehmen, vermeintliche Fakten anzusehen – daraus ergibt sich immer ein Bild und es wird immer unvollständig sein. Mit dieser Gewissheit lässt es sich leben, für mich, denn es entlässt mich aus dem scheinbaren Zwang, eine Meinung haben zu müssen. Ich muss aber nicht alles bewerten, nicht alles beurteilen. Bei aller Ernsthaftigkeit zu Themen steht mir etwas Gelassenheit gut zu Gesicht! „Die Kirche im Dorf lassen“ heißt ein schöner alter Satz. Heutzutage spricht man von Achtsamkeit, da geht es viel um den eigenen gelassenen Atem – und achtsam mit den Medien umzugehen ist glaube ich eine gute Idee.

Und manchmal, nicht einmal so ganz selten, lege ich mich lieber auf’s Sofa, schließe die Augen oder ich lege mich ins Gras, sehe den Wolken zu und lasse die Welt die Welt sein. Sie dreht sich auch ohne mich einfach und stetig weiter.

(nicht nur ein schönes Palindrom, sondern auch eine hier passende Bedeutung: „Wir irren des Nachts im Kreis umher und werden vom Feuer verzehrt“)