Leuchtturm der Herrlichkeiten

Ein sehr schöner Text, leider nicht meiner:

Er betrat die Mole, an deren ins offene Meer hinein ragendem Ende ein kleiner, von einem rostigen Gitter bekränzter Leuchtturm stand. Er ging darauf zu. Es war jene Stunde zwischen Hund und Wolf oder vielmehr zwischen Schwalbe und Fledermaus, die Stunde, in der sich beide in der Luft begegnen, die eine geht schlafen, die andere wacht auf, die Lichter sind schon entzündet, aber der Himmel ist noch hell, und die Sterne liegen noch tief in ihm verborgen. Und es begab sich, jawohl, es begab sich, dass zu dieser Stunde und an dieser Stelle des Horizonts das dunstige Silberblau des Himmels und des Meeres fugenlos ineinanderflossen und nicht mehr zu unterscheiden waren. Die Mole führte geradewegs in diese graublaue Tiefe hinein, und bei jedem neuen Schritt war es ihm, als stiege er eine Himmelsleiter empor, aber er erblickte keine Engel und auch keinen Gottvater, stattdessen weiterhin den Leuchtturm, dessen einst weiß getünchte Mauern sich hell von dem Meereshimmel abhoben wie auf einem alten Porträt das rissige, matte Weiß eines Brusttuchs von einem blassblauen Kleid, und dessen Spitze jetzt wie ein Gestirn zu leuchten begann. 
Wo der nur bei Ebbe frei liegende Leuchtturmsockel im Boden verankert war, erblickte der Spaziergänger den Betonwall, den man zur zusätzlichen Befestigung schlangenlinienförmig  um das Fundament gegossen hatte. Mit jeder zurückflutenden Welle wurde die von weißem Schaum ins schlürfende Wasser gezeichnete Schlangenlinie einen Atemzug lang sichtbar. Der Leuchtturm bleckte die Zähne, wie um das Meer in Schach zu halten. Am Fuße des Leuchtturms war das Wasser fast schwarz.

(Aus: Tal der Herrlichkeiten von Anne Weber)

Sag mir wo die Blumen sind

Sag mir wo die Blumen sind,
Wo sind sie geblieben
Sag mir wo die Blumen sind,
Was ist geschehen?
Sag mir wo die Blumen sind,
Mädchen pflückten sie geschwind
Wann wird man je verstehen,
Wann wird man je verstehen?

Sag mir wo die Mädchen sind,
Wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Mädchen sind,
Was ist geschehen?
Sag mir wo die Mädchen sind,
Männer nahmen sie geschwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?

Sag mir wo die Männer sind
Wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Männer sind,
Was ist geschehen?
Sag mir wo die Männer sind,
Zogen fort, der Krieg beginnt,
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?

Sag wo die Soldaten sind,
Wo sind sie geblieben?
Sag wo die Soldaten sind,
Was ist geschehen?
Sag wo die Soldaten sind,
Über Gräben weht der Wind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?

Sag mir wo die Gräber sind,
Wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Gräber sind,
Was ist geschehen?
Sag mir wo die Gräber sind,
Blumen wehen im Sommerwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?

Sag mir wo die Blumen sind,
Wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Blumen sind,
Was ist geschehen?
Sag mir wo die Blumen sind,
Mädchen pflückten sie geschwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?

Erdbeerfelder

strawberryfields for ever

erdbeerfelder
für immer
wünsch ich dir

ein weißes kaninchen
dein lieblingskleid
und noch viel mehr

geburtstage feiern
mit tigger und pooh
pooh dem bären
mit dem zeppelin
nach slumberland
und noch viel mehr

fahre du für mich
nach papua
papua neuguinea
und schau dir an
wie die schlidkröte
aus dem meer kommt
und ihre eier ablegt
wenn es das noch gibt
in deiner zeit
ich wünsch es dir

fliege du ins all für mich
schau dir die sterne an
und küsse das mondgestein
für mich

segel du über das meer für mich
und träume vom freisein
so frei wie delphine
wenn du soweit bist
gibt es wahrscheinlich
nicht mehr allzu viele

erdbeerfelder
schenk ich dir
leider nicht für immer

(B.Becker and the Zero Tolerance Band)

Scheitern

Wenn du scheiterst,
fällt ein Leben, das zu krumm war
für die geraden Wege
aus der Unmöglichkeit in die Welt.
Er fällt in das Meer deiner Tränen,
und in die Klarheit deiner Enttäuschung,
er fällt in deine Stimme, die vor Zorn zittert,
und hinab bis in die tiefste Erdschicht
deiner Niedergeschlagenheit,
um dort zu wurzeln
und das Bernsteingelb der Sonne zu rufen.

Du denkst, du habest verloren,
nicht nur eine Gelegenheit,
auch ein empfindliches Maß an Mut
und ein Stück des sicheren Bodens unter dir,
doch wenn du mit deinem ganzen Körper lauschst,
spürst du die unermessliche Weite,
die nur durch das Misslingen zu dir fand.
Ohne es zu wissen,
hast du das Unbezähmbare beschworen,
den wilden Vogel der Traumzeit,
der die seltene Blüte der Verwandlung
in die Leere deiner Hände legt.

Klanggebete – Giannina Wedde
(Bild: The Sinner.)

Ein Ehrlicher Kuss

Irgendwann
Kommt für jeden der Tag
An dem man für alles bezahlt
Dann stehen wir da
Denken wie schön es mal war
Bereuen unsere Fehler hätten gern alles anders gemacht
Hätten all unsere Boshaftigkeiten niemals getan
Wir leben versteckt
Wischen all unsere Spuren weg
Vor den anderen und vor uns selbst
Damit kein Mensch jemals sieht
Wer wir in Wahrheit sind Wo ist der Ort für den ehrlichsten Kuss
Ich weiß, dass ich ihn für uns finden muss
Auf ’ner Straße im Regen, auf ’nem Berg nah beim Mond
Oder kann man ihn nur vom Totenbett holen
Wo ist der Ort für einen ehrlichen Kuss
Den Einzigen, den ich dir noch geben mussAll denen
Die uns am nächsten stehen
Tun wir am liebsten weh
Und die Frage warum das so ist
Bleibt unser Leben lang stehenWann ist die Zeit für einen ehrlichen Kuss
Der all unsere Lügen auslöschen muss
Gib mir die Zeit für einen ehrlichen Kuss
So wollen wir uns küssen, wenigstens am Schluss
Es wird ein Kuss sein, der alles verzeiht
Der alles vergibt und uns beide befreit
Du musst ihn mir schenken, ich bin zwar ein Dieb
Doch gestohlen ist er wertlos und dann brauch‘ ich ihn nicht

Songwriter: Andreas Frege / Andreas Meurer / Michael Breitkopf

To have and to hold

I need to be cleansed
It’s time to make amends
For all of the fun
The damage is done
And I feel diseased
I’m down on my knees
And I need forgiveness
Someone to bear witness
To the goodness within
Beneath the sin
Although I may flirt
With all kinds of dirt
To the point of disease
Now I want release
From all this decay
Take it away
And somewhere
There’s someone who cares
With a heart of gold
To have and to hold

(depeche mode – text: Martin Gore)

Es geht ein dunkle Wolk herein

Es geht ein dunkle Wolk herein,
mich deucht, es wird ein Regen sein,
ein Regen aus den Wolken
wohl in das grüne Gras.

Und kommst du, liebe Sonn, nit bald,
so weset alls im grünen Wald,
und all die müden Blumen,
die haben müden Tod.

Es geht ein dunkle Wolk herein,
es soll und muss geschieden sein.
Ade, Feinslieb, dein Scheiden
macht mir das Herze schwer.

(Volkslied, Melodie und Text: nach Pater Johann Werlins Liederhandschrift, Kloster Seeon am Chiemsee, 1646. – Bild: Sinner, FB)